Donnerstag, 18. September 2008

Teil 3

Marins Schädel dröhnte furchtbar, als er die Augen aufschlug und die Decke als verschwommene, braune Masse vor seinen Augen waberte. Es war so als hätte ein kleiner Mann der in seinem Schädel wohnte beschlossen, dass es ihm nicht mehr darin gefiel und nun begann diesen von innen her aufzustemmen.

Sein Schädel…
Eine Hand, ebenso verschwommen vor seinen Augen wie alles andere, ging zu seiner Stirn und traf auf einen rauen Stoff der eng um seinen Kopf gewickelt war. Der leichte Druck seiner Finger brachte seine Hand dazu zurückzuzucken, als sich dabei ein Schmerz in seine Stirn brannte. Der Junge zog schmerzerfüllt die Luft ein und schloss die Augen einen Moment lang, blinzelte mehrmals und schaffte es endlich seine Sicht wieder einigermaßen klar zu bekommen. Über ihn zeichnete sich ein graubrauner Stoff ab, auf dem sich dunkele Flecken von Blättern abzeichneten die im Wind hin und her wogen.
Ein Zelt, dachte er bei sich und versuchte sich aufzurichten, musste sich aber umgehend eingestehen, dass es sich bei der Idee um keine gute handelte. Das Männchen fing nun damit an mit seinem Brecheisen rhythmisch gegen die Stirn des jungen Mannes zu hämmern, so dass ihm ein wenig übel dabei wurde. Das Zelt war nichts besonderes, allenfalls für zwei Personen ausgelegt, die etwas gedrängt nebeneinander liegen konnten, die Zeltplane schien ein wenig dünn und ein leichter, süßlicher und etwas an Schweiß erinnernder Geruch lag in der Luft. Langsam schafften es auch die Zeltstangen, die Decke auf der er gelegen hatte und ein kleines Bündel am Kopfende sich scharf zu stellen. "H…?" wollte er beginnen, merkte aber, dass das Sprechen seine Übelkeit nicht besser machte. Er holte Luft um sich zufassen und fixierte im selben Moment etwas, dass am Kopfende des Zeltes von der Decke baumelte.

Marin war die ersten Sekunden so fasziniert davon, dass er alle Kopfschmerzen vergaß und etwas grobmotorisch in dessen Richtung rutschte. Von der Zeltstange hing eine Laute herab, eine pechschwarze Laute. Sie war so lang, dass es eigentlich als Unsinn erschien, sie an der Zeltstange festzubinden. Sie hatte eine lang gezogene Tropfenform, welche sich flüssig bis zum oberen Ende des Instrumentes fortsetzte, man konnte unmöglich sagen wo der Hals anfing und der 'Bauch' endete. Es schien fast so, als sei sie aus einem Stück gegossen, ganz anders als die Lauten die er sonst gesehen hatte.
Verziert war sie mit unzähligen Figuren, die sich teilweise in einem unnatürlichen reinen Weiß vom schwarzen Hintergrund absetzten. Er sah auf der Vorderseite zum einen unzählige Krieger oder Ritter, die in kunstvolle Rüstungen gekleidet waren und mit geschwungenen Waffen ausgerüstet. Sie standen auf der rechten Seite der Klangsaiten, ihnen gegenüber befanden sich grässliche und unheilvoll wirkende Kreaturen. Es waren Wesen die aussahen als sollten sie nicht auf dieser Welt wandeln, jedes war grässlicher als das Nächste und keines glich dem Vorherigen. Im Schrecken schienen sie von den strahlenden Kriegern zurückzuweichen und über die Kadaver ihrer 'Brüder' zurückzustolpern. Doch die beiden Heere waren nicht allein auf dem Schlachtfeld, denn alles überthronend thronte dort eine weitere Kreatur zwischen all diesen Rittern und Wesen. Sie schlängelte sich mittig zwischen den Armeen hinauf und teilte sie mit ihrem gewaltigen Leib, welcher sich über den Hals der Laute hinaufwandte, um dann am oberen Ende dessen aus der Laute hervorzubrechen und zum Kopf des Instrumentes zu werden. Mit goldenen Augen starrte das weiße Haupt Bestie Marin an. Doch irgendwie… wirkte dieses Wesen nicht schrecklich oder grausam, sondern eher würdevoll und ernst, wie es ihm von dort entgegenblickte.

Seine Finger berührten die Laute.
Er hatte nicht einmal gemerkt, dass er seine Hand in die Richtung ausgestreckt hatte und nur einen Augenblick später hatte er sie bereits von dem Stück Schnur abgehängt und in den Händen. Es war fast wie ohne sein Zutun passiert. Sie war unglaublich leicht, wog fast nichts, so dass er Angst hatte ein zu starker Druck würde sie beschädigen. Doch hielt sie stand, als er zusammenzuckte und den Hals dabei fest griff.
Etwas klapperte draußen, wie dünnes Blech auf Stein. Er verspannte sich und mit einem Mal waren die hämmernden Kopfschmerzen wieder da. Dann Stille, aber wer auch immer ihn gefunden hatte war wohl gerade da draußen… und vermutlich hatte er das wertvollste was dieser besaß ungefragt in die Hände genommen. Er wollte gerade das Instrument zurückhängen, da zerriss ein Aufschrei die Ruhe draußen. Als nächstes Blätterraschen, wie von Schritten, dann ein Peitschen von Metall auf Metall. Ein dumpfes, kurzes Geräusch und das Aufstöhnen eines Mannes.
"Ich habe wirklich schon Oger besser schleichen hören." meinte eine Stimme voller Spott und abermals peitschte Metall auf Metall.

Da kämpfte jemand, und das mit ziemlicher Inbrunst. Marin begann zu zittern, drückte die Laute leicht an sich und starrte in die Richtung aus der die Geräusche kamen, welche immer Lauter zu werden scheinen. Erneut Blätterraschen von Schritten, erneut das Peitschen von Metall, ja das Schaben von Klingen übereinander und immer wieder ein Knurren und angestrengtes aufstöhnen kurz bevor der Stahl wieder aufeinander traf. Ja da kämpfte jemand, er tastet nach seinem Schnitzmesser, doch seine Taschen waren leer. Da kämpfte jemand und das einzige was er hatte war diese Laute, die unter jedem Schlag zerbrechen musste wie morsches Holz. Er musste hier weg, oder zumindest irgendetwas finden mit dem er sich verteidigen konnte. Er tastete das Zelt panisch ab, doch nichts war da. Selbst als er hastig auf das Bündel drückte, war da nichts in diesem zu spüren was fest genug gewesen wäre, um ein Messer zu sein. Mit einem immer wilder pochenden Schädel robbte er zum Fußende des Zeltes, er musste mindestens wissen was da draußen los war. Marin schob mit zitternden Fingern die Zeltwand leicht auseinander, welche den Blick nach draußen verhing. Was er sah stockte ihm den Atem.

Zwei hoch gewachsene Männer standen mit dem Gesicht zu ihm und in diesen las Marin einen Ausdruck, der zwischen Zorn und Panik hin und herpendelte. In lederne Rüstungen gekleidet hatten sie ihre Waffen erhoben und setzten sich gegen etwas zu Wehr, dass bereits einen der beiden die Rüstung auf Brust förmlich zerschnitten hatte. Die Kreatur stand leicht zusammengekauert zwischen dem Zelt und den Männern, schien wie zum Sprung bereit und war dennoch nicht kleiner als diese. Eine 'Hand' hatte sie seitlich ausgestreckt, deren Fingerspitzen lang und scharf hervorstanden wie kleine Klingen. Rote Schuppen bedeckten die Haut des Wesens, schwarze Hörner entsprangen zwischen einer ebenso pechschwarzen Mähne auf seinem Haupt. Das was nicht rot im Licht des Waldes schimmerte war von einem dunkeln, fast schwarzen Leder bedeckt, welches diesem Monster als Schutz zu dienen schien.

Als einer der Männer mit seiner Waffe vorschnellte und sie in einem Bogen auf das Kreatur niedersausen lassen wollte, federte diese zurück, balancierte mit einem mehr als anderthalb meterlangen Schwanz seine eigene Bewegung aus und ließ eines seiner beiden Beine nach vorne schnellen. Eine Pranke traf den Mann mit voller Wucht auf die Brust während sein Streich die Kreatur nicht mal streifte. Zeitgleich, als der erste durch diesen Tritt zurücktaumelte, ergriff der zweite die Initiative und wollte auf die Bestie einstechen – doch seine Klinge wurde kreischend abgelenkt von einem Dolch, den das Wesen in der anderen Hand hielt. Danach ging es sehr, sehr schnell. Noch während der zweite Krieger gegen die Klinge des Wesens drückte, peitschte etwas durch das Laub des Waldbodens und riss ihn von den Füßen. Als er nach hinten überfiel schaffte es die Kreatur seine Schwerthand zu ergreifen und rammte mit der anderen den Dolch in seine Schulter. Unter den Schmerz der des Stahles in seinem Leib brüllte der Krieger auf und verlor sein Schwert aus der Hand. Ein weiterer Tritt mit einer Fußpranke und der Mann lag regungslos am Boden.

In diesem Moment gab Marin Fersengeld, was immer das war – es hatte diesen Krieger im Handumdrehen zu Boden gestreckt – und das versetzte ihn in Panik dass er abermals seine dröhnenden Kopfschmerzen vergaß. Er schoss, die Laute immer noch eng umklammert, aus dem Zelt heraus und rannte einfach nur noch. Er rannte wie von allen bösartigen Geistern verfolgt, während die Bäume in seiner Panik einfach an ihm vorbeifolgen. Immer wieder verschwamm seine Sicht, doch er hielt nicht im Geringsten inne. Zum zweiten Mal an diesem Tag schlugen ihm Äste ins Gesicht und das Unterholz begann wieder und wieder an seiner guten Hose zu Zerren.
"Pass auf! Hinter dir!"

Marin, der es vorher nicht ein einziges Mal gewagt hatte auch nur einen Blick zurückzuwerfen und nicht wusste ob er erst Augenblicke oder Stunden rannte, schaute ohne inne zu halten über seine Schulter. Knapp hinter ihm folgte der Krieger, abgehetzt und mit seiner Waffe in der Hand, wenige weitere Meter hinter diesem… das Wesen.

3 Kommentare:

Ice hat gesagt…

Wirklich netter Cliffhänger....mehr bitte^^

Kelastor hat gesagt…

Mehr bitte.

Anonym hat gesagt…

Zaaaaaaaachhhhh...meeeeeehhhhhhrrr ... bittteeeee