Samstag, 30. August 2008

Teil 2

Mit schnellen Schritten eilte Marin, durch das hüfthohe Gras und die vereinzelten, jungen Sträucher sowie kleinen Bäume des brachliegenden Feldes, auf den Waldrand zu. Dieser beschrieb eine fast schnurgerade Linie von Norden nach Süden und wirkte unter dem verhangenen Himmel und dem dichten Regen noch düsterer als gewöhnlich. Man hatte hier vor langer Zeit Holzfällerrei betrieben, doch diese war mit dem Erscheinen der 'Bestie von damals', ebenso wie die Viehhaltung von Bauer Südend, zum Erliegen gekommen. Man hatte sich von dem Wald östlich des Dorfes abgewandt und sich einem weiteren Gehölz im Westen zu. Seitdem hatten weder einer der Dorftischler noch sonst irgendjemand sich die Mühe gemacht ihre Arbeit hier wieder aufzunehmen. Einen guten, zweistündigen Fußmarsch weiter südlich, faserte der streng gezogene Waldrand allmählich wieder auf und spie einen kleinen Fluss aus, welcher sich von dort zum Dorf hinüberschlängelte, um dann im westlichen Wäldchen wieder zu verschwinden.

Dieser Fluss war, neben einigen wenigen, verirrten Reisenden und dann und wann mal einem Trupp Soldaten, das einzige was heutzutage noch aus dem Osten kam. Man sagte, dass hinter dem Wald, der sich Marin nun mit immer schnelleren Schritten näherte, nicht mehr viel wäre, das noch einer Erwähnung Wert sei. Dort befand sich lediglich ein Land, in dem sich dichte Wälder und menschenleere Auen gegenseitig abwechselten, bis sie schließlich auf immer steinigeren Boden trafen, auf dem dann Bäume wie Gräser immer spärlicher wurden.
Hinter diesem Brachland erstreckte sich das Blutgebirge. Hoch und unüberwindlich schien es und beschrieb eine Kurve von Marins Heimat hinweg, um weit im Norden nach vielen, vielen Tagesmärschen mit dem Meer zu verschmelzen, während dieses nicht weniger weit entfernt im Süden den dichten Tralon-Wäldern eine Grenze bot.
Nur wenig Grün hatte es auf die Hänge und Schluchten hinauf geschafft und so war es stattdessen ein unheilvolles Dunkelrot, dass dieses -eigentlich graue- Massiv dominierte. Aus der Ferne wirkte es wie Ströme von Blut, welche fortwährend aus den Gipfeln der Gebirge hervorbrachen, sich in die Schluchten ergossen und in diesen zäh hinab flossen, bevor die rote Flüssigkeit, kurz vor dem Fuß der Berge, wieder völlig im Boden versickerte.

Viele Soldaten, die in diese Richtung zogen oder aus dieser kamen, behaupteten lautstark es handele sich tatsächlich um Blut. Das Blut abscheulicher Kreaturen und düsterer Kultisten, welche versuchten über Berge in dieses Land einzufallen und jedes Mal heldenhaft zurückgeschlagen wurden. Natürlich war das nicht wahr, obwohl es die Soldaten gerne in der Taverne behaupteten, wenn sie mal wieder im Dorf Rast machten. In Wirklichkeit war es wohl eine Pflanze oder ein Gras, welches als einziges auf diesen Bergen zu wachsen schien. Doch das änderte nichts an der Tatsache, dass die Soldaten in der Tat den Auftrag hatten jedes Wesen, was über die Pässe des Gebirges kam und sich nicht mit Worten oder Gesten zur Umkehr bewegen ließ, zu töten, bevor es einen Fuß in dieses Land setzen konnte. So hielt sich die Behauptung es sei Blut, welches von den widernatürlichen Gräsern wie der Regen aufgesogen wurde und diese rot färbte.

Marin tat sein Bestes um die Büsche, die sich zwischen ihn und den Wald stellten, zu umrunden und trotzdem sein Tempo aufrecht zu erhalten. An jedem anderen Tag, an dem der göttliche Rivaas mal wieder mit seinem Weib stritt, hätte er einfach Fersengeld gegeben und wäre mitten durch die Büsche gerannt, nur um nicht durch einen verirrten Blitz in Flammen aufzugehen. Blitze die nur zu gerne allein stehende Bäume und Bauern trafen, die nicht rechtzeitig vom Feld hinunter kamen. Doch an diesen Tag war es anders, denn er hatte Kleidung an, bei der es sein Vater ihm übel nehmen würde, wenn diese durch einen Dornenbusch ein Loch bekam. Aber hätte er denn schlechte Kleidung zu so einem Anlass anziehen sollen? Er mochte dieses Mädchen sehr.

Es hatte schon etwas von einem Ertrinkenden, welcher nach Luft schnappend aus der Wasseroberfläche hervorbricht, als er aus dem Feld und unter die Kronen der großen Bäume hechtete. Tatsächlich holte er noch im Rennen Luft, doch nicht aus Erleichterung, sondern wegen dem was passierte. Mit einem Mal war seine Sicht klarer, da ihm der Regen nun nicht mehr ins Gesicht prasselte und sein Blickfeld verschleierte und so erkannte er zwar diese eine Wurzel, welche sich aus dem Boden hervorschlängelte, doch viel zu spät. Die Welt begann sich zu drehen, Blätter und Äste schlugen ihm ins Gesicht ein grün-brauner Boden, aus dem ein überwucherter Findling herausragte, raste auf ihn zu. Danach wurde es dunkel.

Montag, 25. August 2008

Teil 1

Es regnete wieder, ein verfluchter Mist. Vor wenigen Minuten war es noch schön gewesen, aber diese unheilvollen Wolken hatten sich schon seit einer ganzen Zeit aus Richtung Osten genähert. Der Osten, nie kam etwas Gutes aus dem Osten, so sagte man.
Jenseits der Berge fing ein wildes Land an, dessen Bewohner, Tiere und Pflanzen nicht die Gesetzen gehorchten die in anderen Teilen der Welt galten. Man sprach von grausigen Kreaturen die dort die Wälder durchstreiften und finsteren Kulten längst vergessener Gottheiten huldigten, Gottheiten bei denen die Menschen auch besser daran Taten nichts mehr von ihnen zu wissen... und jetzt auch noch dieser Regen.

Der Junge der von sich behauptete erwachsen geworden zu sein, schlang die Arme um sich und starrte wie gebannt unter dem Blätterdach des Baumes hervor, direkt in die Richtung aus der dicke Tropfen ihm entgegenstürzten, die scheinbar nur Augenblicke davon entfernt waren sich zu einer einzigen Wasserwand zusammenzuschließen. Selbst dieser Goldbaum bot unter diesem Sturzbächen keinen wirklichen Schutz, aber zumindest hatte er es unter die Äste geschafft bevor seine Kleider sich mit Wasser voll gesogen hatten. Auf der anderen Seite, wenn kein Ende des Regens in sich kam, hätte er sich den Sprint die Letzten paar Meter sparen können.
Marin ließ sich seufzend auf eine Wurzel am Stamm fallen, drückte den Rücken gegen den Baum und zog sich eine rabenschwarze und klatschnasse Strähne aus dem Gesicht, die er normalerweise einfach zur Seite gepustet hätte.

Er selbst gab ein Seufzen von sich das entfernt einem "Achverfluchtverdammtnochmal." ähnelte und versuchte dann das Beste aus dieser ungünstigen Lage zu machen. Er zog das kleine Messer von seiner Seite, griff ein umherliegendes Stück Holz, welches zu den jämmerlichen Überresten eines uralten Weidezaunes vor ihm gehörte und begann, mit der verschwindend geringen Hoffnung etwas künstlerisches zu schaffen, Spähne zu produzieren. Zumindest konnte sich Bauer Südend nicht darüber beschweren, dass es dieses Jahr nicht genug Regen gab, auch wenn er es trotzdem tun würde. Wenn man den Worten von Marins Vater glauben mochte, war das eine Familientradition, seitdem Südends Großvater all seine restlichen Kühe verkaufte und das Weideland zu Äckern machte. Der Grund dafür, welcher der Selbe war warum zwischem dem Goldbaum und dem Feld immernoch Teile des Weidezauns vor sich hinrotteten, war dass damals viele Tiere gerissen wurden.
Niemand hatte damals gesehen, was es war, das die Tiere des nachts mit sich nahm und nichts außer Kratz- und Blutspuren zurückließ, doch behauptete man dieser Tage, dass zu der Zeit ein Wolfsrudel in der Gegend gewesen war. Zumindest stand das im Stadtbuch. Die Geschichten die man sich insgeheim erzählte, waren natürlich weit abenteuerlicher und schauriger. Nicht dass ein alleine Wolfsrudel schon aufregend genug gewesen wäre, dass gefährlichste dem man hier in der Gegend begegnen konnte war der große Mastiff des Tavernen Besitzers. Selbst wenn, war der auch nur wirklich gefährlich, wenn man den Fehler machte sich mit einem Schinken in der Hand zu nah an ihn heranzugehen. So gesehen nein, wirklich gefährliche Sachen oder Wesen gab es hier nicht. Und mit Sicherheit keine feuerroten Bestien aus Klauen und Schuppen, die sich des Nachts mit schrillen Schreien und glühenden Augen auf das Vieh herabstürzten und dieses, wie ein dämonische Eule eine kleine Maus, in der Luft verspeisten. Die Erzählungen über dieses Wesen schwankten je nach Jahreszeit und der Dauer, in der kein Barde mehr das Dorf besucht hatte, irgendwo zwischen Geist, Dämon, Drachen und 'Das Böse selbst das aus der dem Pandämonium ausgespuckt wurde'. Grundsätzlich, war sie aber rot und bekam jedes Jahr ein Horn mehr, dass aus ihrem Körper wuchs und verschleppte ihre Opfer in den Wald der sich momentan einige Dutzend Schritt hinter Marin anfing.

Der Junge seufzte und blickte auf das Stück Brett in seinen Fingern, dass er während seinen Gedankengängen lediglich spitz zugeschnitzt hatte, nicht sehr künstlerisch. Marin fragte sich, ob sie einfach nur spät dran war und nun offensichtlich bei dem Regen selbst Unterschlupf gesucht hatte, oder ob sie -wie er befürchtete- ihn versetzt hatte. Er selbst war etwas, wenn auch nicht wirklich viel, zu spät gekommen. Gut, zugegeben es könnte auch sein, dass sie bereits hier gewesen war, das Wetter gesehen hatte und schon wieder daheim im trockenen saß. So gesehen hätte er sie versetzt, das war ja noch schlimmer.
Marin hob den Kopf in den Nacken und schielte den Baum hinauf. Zweiunddreißig Herzen waren es, zweiunddreißig Herzen die man noch mit Sicherheit erkennen konnte. Ein dreiunddreisigßtes würde es heute sicher nicht werden, aber auf der anderen Hand war es auch irgendwie eine blöde Tradition, jedesmal ein namenloses Herz in diesen Baum zu ritzen wenn man mit jemanden 'fest ging' und zumindest konnte der Tag nicht noch schlimmer werden.

Es donnerte.

Und ein gebrülltes und sehr frustriertes: "Ach kommt schon!" wurde vom Regen und einem weiteren Donnern verschluckt, dem ein deutlich sichtbares Blitzen mit sehr kurzem Abstand vorausgegangen war. Fluchend, mit dem Messer und dem angefeilten Zaunpfahlende bewaffnet machte sich Marin auf, verließt die halbwegs trockene Stelle unter dem einzelnen, freistehenden Baum am Rand der Felder und eilte zum Wald um dort Schutz zu suchen.

---

Schon seltsam, ich bin den ganzen Tag für die Uni am tippen, und was mache ich wenn ich mir von 2 bis 3 eine Pause gönnen möchte? Ich tippe.